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Lot 3016, Auction  118, Kisch, Egon Erwin, Brief. Berlin 18.September 1924

Kisch, Egon Erwin
Brief. Berlin 18.September 1924
Los 3016

Zuschlag
300€ (US$ 323)

Details

"Milá Jarmilinko, prosím, nehněvej se na mě! - Ich weiß, wie unangenehm es ist, einsam zu sein."
Kisch, Egon Erwin. Eigenhändiger Brief an Jarmila Haasová in tschechischer Sprache mit Unterschrift "Egonek". 2 S. 28 x 21,5 cm. Mit eigenhändigem beschrifteten Kuvert. 12,5 x 15,4 cm. Berlin, 18. September 1924.
Haupt, Kisch, S. 39f. – Kisch entschuldigt sich bei seiner geliebten Jarmila: "Milá Jarmilinko, prosím, nehněvej se na mě!" - "Liebe Jarmilinko, bitte sei mir nicht böse! Ich weiß, wie unangenehm es ist, einsam zu sein und auf Post von seinen Freunden zu warten - und nichts kommt. Also ehrlich, Jarmilinko, ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht, ich arbeite wie ein Verrückter, nur um das Buch endlich loszuwerden. Zweimal mußte ich es schon umarbeiten." Im Herbst 1924 arbeitete Kisch mit Hochdruck an der Fertigstellung des Reportageromans Der rasende Reporter, dessen Titel für immer sein Alter Ego werden sollte. Der Verleger Erich Reiss wollte es womöglich noch zum Weihnachtsgeschäft in den Buchhandlungen haben, auch wenn das Erscheinungsdatum für 1925 vorgesehen war. Der Druck konnte dann tatsächlich noch im Oktober stattfinden, so dass Kisch Jarmila schon am 28. Oktober ein Widmungsexemplar schicken konnte (siehe Katalognummer 2819).

Weiterhin gibt er Jarmila konkrete Anweisungen zur Übersetzung und erwähnt eine Novelle, die er für die liberaldemokratische Wochenschrift Přítomnost (Die Gegenwart) vorsah: "Ich schicke hier eine größere und ziemlich dicke Novelle an Peroutka, - ich weiß allerdings nicht, ob er in Přítomnost belletristische Arbeiten veröffentlich ...Das Wort 'Reporter' könntest Du im Titel mit 'zpravodaj' übersetzen, im Text abwechselnd novinář, reportér, zpravodaj". Den tschechischen Titel des Buchs "Der rasende Reporter" übersetzt Jarmila dann wörtlich mit "Zuřivý reportér". Kisch erwähnt ferner seine Journalisten-Kollegen, u. a. Emil Artur Longen, Schlesinger, Leo Lania, Franz Schulz, Ernst Popper, Otto Katz".

Unter den Brief hat Kischs Sekretärin, Gisela Lyner (1895-1962), sechs Zeilen in Deutsch hinzugesezt: "Liebe Jarmila, ich hätte Dir schon längst geschrieben, aber ich hab noch immer schrecklich viel zu tun ... Wann kommst du her? Ich grüß dich herzlich! Gisl". Gisela wurde Kischs Lebensgefährtin, die er 1919 in Wien kennengelernt hatte und 1938 heiraten sollte.
– Knickspuren, Umschlag mit Rissen, minimal gebräunt. – Beiliegt: 1 eigenhändig adressierter Briefumschlag.

Lot 3017, Auction  118, Kisch, Egon Erwin, Brief. Brünn, 24. Oktober 1923

Kisch, Egon Erwin
Brief. Brünn, 24. Oktober 1923
Los 3017

Zuschlag
360€ (US$ 387)

Details

"Griffiths Film 'A broken flower' im Tauentzienpalast"
Kisch, Egon Erwin. Eigenhändiger Brief an Jarmila Haasová in tschechischer Sprache mit Unterschrift "Egonka". 3 S. 20 x 15,4 cm. Mit eigenhändigem beschrifteten Kuvert. 12,5 x 15,4 cm. Berlin, 15. März 1924.
Haupt, Kisch, S. 37f. – Inhaltsreicher Brief, indem er von seinen Erlebnissen in Berlin berichtet, wobei er den Publizisten Willy Haas (den Jarmila 1921 heimlich geheiratet hatte, eine Ehe, die aber wohl nicht länger als ein Jahr hielt), den Komponisten Hans Krása und seine zum Bühnenstück bearbeitete berühmte Reportage über den "Fall des Generalstabschefs Redl" erwähnt, die im Theater Lucerna am Wenzelsplatz gegeben wurde.

"Jarmillininko vȗljs Vopic [Prager Jargon von opice = Affe, Äffchen]", also etwa "Jarmilchen, genannt Affe, sieh mal, was für ein Goldjunge ich doch bin, ich schreibe Dir sofort, obwohl ich Deinen Brief gerade vor einer halben Stunde erhalten habe, obwohl ich heute auf der Generalprobe von 'Ihre Pastorin' in der Staatsoper gehockt habe [...] Aber wie bist Du? Dumm! Und warum? Weil Du krank bist [...] Ich kann mir zwar nicht vorstellen, daß Du überhaupt nicht rauchst, aber ich hoffe, daß Du wenigstens vernünftig bist und auf Dich acht gibst. Ja? Wenn nicht, dann setzt es etwas [...] Gestern war ich mit Bornstein zur Premiere von Griffiths Film 'A broken flower' im Tauentzienpalast, Willy [Haas] war auch da, (mit Rosen), der total begeistert war. Mir war es zu rührselig ... Ansonsten sitzen wir in Collins Café [...] Am Mittwoch früh fahre ich nach Kopenhagen".

Kisch berichtet von seinen Reportagen und deren Effekt auf seinen Freund, den Journalistenkollegen Joseph Bornstein (1899 -1952), er erwähnt den tschechischen Komponisten Hans Krása (1899-1944) und - als bekenndender Schwerenöter - dass nur eine interessante Frau im Café saß: "Vorgestern habe ich Bornstein auf seine Bitte 'Salzburg...' erzählt [eine Episode aus Kischs 'Marktplatz der Sensationen']; (er kanntes es noch nicht!), er brüllte geradezu vor Lachen über die ganze Straße. Deine Bücher sind vollkommen in Ordnung. Dein Hans Krása ist hier, er hat eine Darmkrankheit und wird in einem Sanatorium behandelt. Inge Schönberg ist die einzige Frau im Café, die mir gefällt".

Seine eigene schriftstellerische Tätigkeit werden ebenso genannt wie die andererer bedeutender Autoren, Schriftsteller, Dichter und Publizisten, Journalisten und Kritiker, darunter Yvan Goll (1891-1950), der österreicher Theaterkritiker Stefan Großmann (1875-1935), Marcel Proust (1871-1922), der Soziologe und Publizist Leopold Schwarzschild (1891-1950) oder der Literaturhistoriker Paul Wiegler (1878-1949).

"Ich werde mit der Bearbeitung meines Prager Buches fertig [...] Von Wiegler erschien bei Rowohlt die Novelle 'Drei Frauen' [...] Schwarzschild und Grossmann werden eine Tageszeiung herausgeben. Dei 'Schmiede' erscheint in deutsch Marcel Proust. Kürzlich war Ivan Goll aus Papris heir und schickte Devětsil eine Ansichtskarte". Die "Neunkräfte" Devětsil war eine Vereinigung bedeutender tschechischer Avantgardekünstler der Zwischenkriegszeit. – Auf dem Briefpapier mit Versaldruck "EGON ERWIN KISCH" und auf dem Umschlag der Absender: "Kisch W30 Hohenstaufenstr. 36". Knickspuren, Umschlag mit Rissen, minimal gebräunt.

Lot 3018, Auction  118, Kisch, Egon Erwin, Eigenhändiger Brief. Berlin, 9. November 1924

Kisch, Egon Erwin
Eigenhändiger Brief. Berlin, 9. November 1924
Los 3018

Zuschlag
380€ (US$ 409)

Details

Kisch als König der Journalisten - Aufnahme des 'Rasenden Reporters' und Kischs Schriften
Kisch, Egon Erwin. Eigenhändiger Brief an Jarmila Haasová in tschechischer Sprache mit Unterschrift "Egonka". 2 S. 28 x 21,5 cm. Mit eigenhändigem beschrifteten Kuvert. 12 x 14,5 cm. Berlin, 9. November 1924.
Haupt, Kisch, S. 40f. – Kisch bedankt sich bei Jarmila für die ausführliche Korrespondenz und macht Vorschläge zur Übersetzung seiner Komödie "Tonka Šibenice" sowie des "Rasenden Reporters" in Tschechische: "Zě jseš zlato, žluté zlato, to ti nepotrebuji". Liebe Jarmilinko, daß Du Gold bis, pures Gold, muß ich Dir nicht bestätigen ... Wenn Du 'Tonka' oder den 'Reporter' übersetzen möchtest, dann stelle ich Dir den gesamten Inhalt natürlich mit Freuden zusammen, aber das wichtigste ist, einen Verleger zu haben. Vielleicht können Dir Laurin oder Staša einen Verleger vermitteln?"

Er fragt nach der Aufführung seines Stücks Sensation eines Journalisten: "Mit wem wart Du auf der Senzace žurnalisty? Davon hast Du mir gar nichts geschrieben. Die Kritik hat mich insgesamt gut verstanden, am besten allerdings Max Brod im 'Prager Tagblatt' ... Heute schreibt die 'Berliner Volkszeitung', daß ich der König der Journalisten bin und daß es neben mir keine Literatur von Wert gibt; das ist eine der größten Zeitungen, Auflage 85 000, und dabei kenne ich Klötzel [den Chefredakteur C. F. Klötzel] nicht einmal persönlich. Ich schicke Dir das Feuileton. Alle sind von meinem Buch begeistert".

Auch berichtet Kisch von anderen Büchern seiner Zeitgenossen: "Roth hat zwei Romane in der Schmiede herausgegeben, wo auch der Hungerkünstler von Kafka und Továrna na absoluto [Die Gottesfabrik] von Karel Čapek erschienen sind. - ich habe alle diese Bücher, willst Du eines? Was ich betrifft, so habe ich viel Ruhm, aber wenig Geld, so wenig, wie ich vielleicht noch niemals in meinem Leben hatte. Aber das kann mir auch nichts anhaben". – Knickspuren, Umschlag mit Rissen, minimal gebräunt.

Kisch, Egon Erwin und Haasová, Jarmila
Der rasende Reporter
Los 3019

Zuschlag
800€ (US$ 860)

Details

Die Begründung des objektiven, tatsachenbasierten Journalismus
Kisch, Egon Erwin. Der rasende Reporter. 1.-10. Tausend. 317 S., 1 Bl. Mit ganzseitiger Abbildung. 20,2 x 14,4 cm. Schwarzes Halbleinen mit weißgeprägtem RTitel und farbig illustrierten Deckeln (etwas beschabt und berieben, leicht abgegriffen, bestoßen). Berlin, Erich Reiss, 1925.
Melzwig 347.1. – Erste Ausgabe der berühmten Reportagesammlung, dessen Titel zum Synonym seines rastloses Autors wurde. Enthalten sind über 50 Reportagen wie Unter Obdachlosen, Meine Tätowierungen, Elf Totenköpfe auf dem Katheder, Streifzug durch das dunkle London, Scharfrichters Lebenslauf, Die Mutter des Mörders und vieles mehr.
"Kischs Reportagebände Der rasende Reporter, Hetzjagd durch die Zeit (1926) und Wagnisse in aller Welt (1927) zeigen die für den deutschsprachigen Journalismus folgenreichen Ansätze einer kritischen Wirklichkeitsdarstellung. Sein Reportagestil, der sich durch distanzierte Sachlichkeit auszeichnet, entwickelte Kisch 1906-1913 als Lokalreporter in Prag. Neben denkwürdigen Ereignissen interessierten ihn vor allem Themen aus ders Schattenwelt des Lumpenproletariats. Im Vorwort zum Rasenden Reporter, der seinen fast legendären Ruf begründete, stellt Kisch einen Katalog der Formen und Ziele seiner Berichterstattung zusammen: Er geht davon aus, daß der Reporter weder Künstler noch Politiker, sondern ein ganz 'gewöhnlicher Mensch' ist, dessen Werk einzig 'vermöge des Stoffes' wirkt. Nur der Wille zu nüchternder Sachlichkeit vermag die Gefahr einer subjektiven Entstellung der Realität und unterdrücken. Für den Reporter gilt allein die Tugend der Objektivität, die keiner Rechtfertigung bedarf: 'Er hat unbefangen Zeuge zu sein und unbeangene Zeugenschaft zu liefern'. Die Abhängigkeit von festen Tatsachen und prüfbarem Material zwingt ihn zu untendenziöser Wiedergabe der Wahrheit. In einer Welt, 'die von Lüge unermeßlich überschwemmt ist', zeigt Kisch, was es heißt, die kritische erlebte Wirklichkeit in Gestalt unretouchierter Zeitaufnahmen zu fixieren. Objektivität aber bedeutet nicht Teilnahmslosigkeit, sodern vielmehr eine unparteiische Verpflichtung zum Menschlichen [...] Kisch versteht auch die Reportage als engagierte Kunst, als ein gesellschaftsveränderndes Kampfinstrument" (Manfred Kluge in KNLL IX, 430). – Innengelenke offen, Block gelockert, Seiten teils etwas abgegriffen und mit leichten Fingerfleckchen sowie mehreren Bleistiftan- und unterstreichungen und kleinen Einträgen, Arbeitsexemplar der Freundin des Autors Jarmila Haasová (1896-1990), deren Besitzvermerk in Tinte auf dem fliegenden Vorsatz sowie Titel mit eigenhändiger Widmung des Autors in blauschwarzer Tinte "Milé Jarmilinince! Egonek. V Berlíně, dne 28. října 1924", woraus hervorgeht, dass der Roman schon Ende 1924 druckfertig vorlag, auch wenn die offizielle Auslieferung erst 1925 erfolgen konnte.

Lot 3020, Auction  118, Kisch, Egon Erwin, Eigenhändiger Brief. Berlin, 28. Februar 1925

Kisch, Egon Erwin
Eigenhändiger Brief. Berlin, 28. Februar 1925
Los 3020

Zuschlag
500€ (US$ 538)

Details

Über Jaroslav Hašeks "Schwejk" - und die Politik
Kisch, Egon Erwin. Eigenhändiger Brief an Jarmila Haasová in tschechischer Sprache mit Unterschrift "Egonek". 2 S. 28 x 21 cm. Mit eigenhändig adressiertem Kuvert 12,5 x 15,5 cm. "V Berlíně, dne posledního února" ("am letzten Februartag"). Berlin, 28. Februar 1925.
Haupt, Kisch, S. 43ff. – Besonders umfangreicher, ausführlicher Brief auf 'neuem' Briefpapier mit dem gedruckten Namen in Versalien "EGON ERWIN KISCH", in dem es viel um die Übersetzungen seiner Reportagen ins Tschechische geht, wobei immer wieder Jaroslav Hašek und sein Roman Schwejk als Vorbild erwähnt wird. Kisch berichtet von den Schwierigkeiten, den Verlegern Jarmila als seine Übersetzerin zu empfehlen. Konkret geht es um die Ablehnung von dem Prager Verlag des Karel Synek (1896-1943):

"Lieber Affe, ich schreibe Dir auf dem ersten Blatt von meinem neuen Papier ... Auf meinen Brief hat mir Synek geantwortet, daß unsere Übersetzung Herrn Mayer nicht gefallen hat, 'daß sie keinen Witz hat (!) und er einer Frau, die nicht im Krieg war, nicht vertraut und einen anderen Übersetzer empfiehlt, den er auch einen Teil des Schwejk hat überrsetzen lassen. Zwischen diesen beiden Übersetzungen wird von mir (Synek) und den Hinterbliebenen Hašeks (!) entschieden, welche Übersetzung die bessere ist und wem dann die ganze Arbeit übergeben wird. Ich versichere Ihnen, daß ich das größte Interesse daran habe, daß das wirklich eine hervorragende Sache wird, und wenn es möglich ist (!), daß die Arbeit an Frau Haas geht, die mich wirklich für sich eingenommen hat, und in meiner Macht liegt, werde ich tun ...". Kisch hatte Jarmila für die Übersetzung der Abenteuer des braven Soldaten Schwejk ('Osudy dobrého vojáka Švejka za světové války') aus dem Tschechischen ins Deutsche vorgeschlagen.

Kisch zitiert weiter Synek "Der Mitteilung von Herrn Mayer zufolge, hätte er keine Einwände für den Fall, daß Sie sich verpflichteten, den Schwejk selbst zu übersetzen, aber Sie haben dazu leider keine Lust und keine Zeit ... Ich habe natürlich nicht geantwortet, nur Laurins habe ich geschrieben, damit sie Synek eventuell sagen, welche Schweinerei die Erben mit Hašeks Werk vorhaben. Synek hat mir am Anfang seines Briefes geschrieben, daß ihm Deine Übersetzung gefällt".

Es folgen einige interessante Passage über die Politik und die Kommunistische Partei, "Der Zerfall in der Partei interessiert mich sehr und jegliche private Nachrichten. Obwohl Du eine alte Linke bist, glaube ich trotzdem, daß Du erkennst, daß es nicht um verschiedene Ansichten geht, sonder um persönliche Dinge, um den Einfluß Béla Kuns, um Seidler und andere ungarische Liebediener...". Gemeint ist der unter dem Pseudonym Béla Kun schreibende ungarischer Journalist und Politiker Emmerich Schwarz (1886-1938).

Weiter über Ferda Mestak, über den Kisch sein Theaterstück 'Dramaturgie des Flohtheaters' geschrieben hatte: "... es kam auch in 'M.M.' (anonym) und 'Rote Fahne' und die gessamte kommunistische Presse hat es abgedruckt ... 'Redl' hat größeren Erfolg und mehr Kritiken als 'Rasender Reporter'! Das ärgert mich ein bißchen, mir wäre es lieber, wenn er 'Reporter' nicht bei 10 Tausend völlig stehenblieb". Schon im ersten Erscheinungsjahr war der Reportageroman bei Erich Reiss in 10.000 Exemplaren aufgelegt worden. – Knickspuren.

Lot 3021, Auction  118, Kisch, Egon Erwin, 4 eigenhändige Postkarten des Jahres 1925

Kisch, Egon Erwin
4 eigenhändige Postkarten des Jahres 1925
Los 3021

Zuschlag
280€ (US$ 301)

Details

"Hier ist's scheusslich! Viele Grüße Gisl"

Kisch, Egon Erwin. 4 eigenhändige Postkarten des Jahres 1925 an Jarmila Haasová in tschechischer Sprache, mit Unterschrift "Egonek". Jeweils 9 x 14 cm. Hamburg, Leipzig, Meißen, Neustrelitz 1925.
Meist mit "Líbá Tě Egonek" ("ich liebe Dich, ich küsse Dich, in Liebe") unterschriebene Postkarten von Kisch, die er seiner geliebten Übersetzerin und Freundin Jarmila Haasová aus verschiedenen Orten schickte - und schon hier zeigen, wie viel der "Rasende Reporter" in Europa herumreiste.

1) Hamburg, 26. Januar 1925. "Ich denke hier viel an Dich ... wo nur finde ich Prag in Hamburg?" "Líbá Tě Egonek". Bildpostkarte in Originalfotografie vom Hamburger Hafen.

2) Leipzig, 14. Februar 1925. Auf eindrucksvoller Luftansicht des Leipziger Hauptbahnhofs als Heliogravüre. Kisch fragt, ob Jarmile einen Artikel von Bornstein bekommen hat. Joseph Bornstein (1899-1952) war ein in Krakau gebürtiger Jorunalist, der zu den engsten Kontakten Kischs gehörte.

3) Meißen, 3. April 1925. Ein herzlicher Gruß "V Míšeňyko, dne 3. dubna 1925". Auf einer Karte von "Meißen mit Kgl. Albrechtsburg", die ihn an den Hradschin in Prag erinnert: "Vzpomínám na Hradčany. Dostala si můj dopú? ... " - "Das erinnert mich an den Hradschin. Hast du meine Nachricht erhalten? Ich fahre zurück nach Berlin".

4) Neustrelitz, 12. August 1925. Eine Fotopostkarte mit der "Höheren Mädchenschule" in Neustrelitz mit einem herzlichen Gruß: "Ich werde dir sagen, wo Du unterkommen kannst, damit du wieder herkommen kannst". Mit einem Gruß von Gisela Lyner: "Hier ist's scheusslich! Viele Grüße Gisl". – Leichte Gebrauchsspuren. – Beiliegt eine weitere unbeschriebene Postkarte in Kolordruck mit Ansicht des Marktes von "Cüstrin-A".

Lot 3022, Auction  118, Kisch, Egon Erwin, Eigenhändiger Brief. Berlin,  4. Februar 1925

Kisch, Egon Erwin
Eigenhändiger Brief. Berlin, 4. Februar 1925
Los 3022

Zuschlag
300€ (US$ 323)

Details

"Deine Übersetzungen sind wirklich köstlich."
Kisch, Egon Erwin. Eigenhändiger Brief an Jarmila Haasová in tschechischer Sprache mit Unterschrift "Egonek". 1 S. 28,6 x 22,4 cm. Mit eigenhändig beschriftetem Kuvert. 12 x 15 cm. Berlin, 4. Februar 1925.
Haupt, Kisch, S. 43. – Kisch lobt seine Freundin, die begabte Übersetzerin Jarmila Haasová (1896-1990), die an der Übersetzung seines Reportageromans Der rasende Reporter arbeitete: "Milá Jarmilko" - "Liebe Jarmilko, Deine Übersetzungen sind wirklich köstlich, - einige Witze und Ausdrücke habe ich noch weiter ausgeführt und denke, daß das Buch Erfolg haben und Deine Arbeit allgemeine Anerkennung finden wird." – Gefaltet, minimaler Falzriss, wohlerhalten.

Lot 3023, Auction  118, Kisch, Egon Erwin, Eigenhändiger Brief. Berlin, 19. März 1925

Kisch, Egon Erwin
Eigenhändiger Brief. Berlin, 19. März 1925
Los 3023

Zuschlag
320€ (US$ 344)

Details

Jarmila als "Übersetzerin aller Werke" Egon Erwin Kischs
Kisch, Egon Erwin. Eigenhändiger Brief an Jarmila Haasová in tschechischer Sprache mit Unterschrift "Egona". 2 S. 27 x 19,5 cm. Mit masch Kuvert. Berlin, 19. März 1925.
Haupt, Kisch, S. 46f. – Sehr persönlicher Brief an Jarmila Haasová (1896-1990), der seine Affektion für und Vertrautheit mit seiner Freundin und Übersetzerin zeigt, nennt er sich doch oft "Mein Äffchen", "Du böser affiger Affe" oder hier "Lieber Affe" ("Milý vopic"). Kisch schreibt über Jarmilas Briefe, "die ich, Schwein, unbeantwortet gelassen habe" und endet "Jarmilinko, Du schreibst wenig über Dich. Hast Du irgendeinen Liebhaber. Und wie geht es Dir sonst? Ich hoffe das Beste. Grüße alle bekannten Ungarn, Tschechen, Juden, Deutschen, Russen, Linke und Rechte und laß Dich auf das herzlichste küssen von Deinem Spitzbuben Egon" - "Tvého
rošťáka Egonek".

Zusammenfassend berichtet Kisch über seine Arbeit in Berlin, über "lauter fremde Leute, einer vom Devětsil, der schon zwei Jahre in Berlin ist und nicht ein Wort Deutsch kann, belästigt mich mit seiner atonalen Musik ..." Er arbeitet gerade an der Herausgabe des Pitaval, der Sammlung von Kriminalfällen, zu der ihn sein Verleger Erich Reiss aufgefordert hatte. "Ich schreibe auch an meinem 'Pitaval', aber diese Kompilation langweilt mich schrecklich und ich möchte das alles schon hinter mir haben". Tatsächlich sollte der Band dann erst 1931 als "Prager Pitaval" bei Erich Reiss erscheinen. Über einen der Fälle, den Tscheka-Prozeß (nach dem Terror der kommunistischen Untergrundorganisation) hatte Kisch berichtet: "Morgen kommt im 'Tagebuch' ein neuer großer Artikel von mir über die 'Tscheka', - Du bekommst ihn".
Er erwähnt ferner die Stücke Ferda Mestek, Piccaver im Salon Goldschmied und Oberst Redl: "... da sich einige Übersetzer bei der Schmiede um den Redl beworben haben, will ich, daß er mit mir schnell den Vertrag macht, in dem ich Dich als Übersetzerin aller Werke vorschlage". – Zweifach geknickt, auf dem festen Briefpapier mit Namensaufdruck. Umschlag mit Rissen.

Lot 3024, Auction  118, Kisch, Egon Erwin, Eigenhändiger Brief. Berlin, 19. Oktober 1925.

Kisch, Egon Erwin
Eigenhändiger Brief. Berlin, 19. Oktober 1925.
Los 3024

Zuschlag
220€ (US$ 237)

Details

"Ty vošklivej vopicáku Vopic"
Kisch, Egon Erwin. Eigenhändiger Brief an Jarmila Haasová in tschechischer Sprache mit Unterschrift "Tvůj Egon". 2 S. 27 x 19,6 cm. Mit eigenhändig adressiertem Kuvert. Berlin, 19. Oktober 1925.
Haupt, Kisch, S. 47f. – Interessanter, langer Brief, der mit einer Beschwerde beginn, dass Jarmila lange nicht geschrieben hatte, in dem er seine Freundin scherzhaft mit einer schönen Alliteration als Du böser affiger 'Affe'" tituliert "Ty vošklivej vopicáku 'Vopic'": "Alle Neuigkeiten von unserer Clique meldet Dir Dien ständiger Berichterstatter sicher zuverlässig ... Daß ich meine zwei Bücher zu einem zusammengefügt und etwa 20 Artikel weggelassen habe, das weißt Du vielleicht schon. Es wird schon gedruckt, - aber ich habe noch immer keinen Titel dafür. Keiner von meinen Vorschlägen gefällt Reiss".

Schon 1914 hatte der Berliner Verleger Erich Reiss (1887-1951) Kischs einzigen Roman Der Mädchenhirt herausgegeben. Mit den meisten seiner Publikationen blieb Kisch seinem Verleger treu. "Polgar ist in Berlin, ich habe mit ihm und Direktor Robert und zwei wunderschönen Mädchen seinen 50. Geburtstag gefeiert. Marku hat ein Buch beim Elena Gottschalk Verlag und eins bei Reiss, - beide kommen vor Weihnachten heraus, das wird ein Fest." Und Kisch endet zärtlich: "... las Dich auf beide Wangen und Deine hübschen Ohren küssen (auf den Mund hat Du es ja nicht gern) und schreib mir sofort einen liebenswürdigen und fröhlichen Brief, damit ich nicht zu Dir kommen und Dich im Berliner Zoo für den Affenkäfig mit der Aufschrift abgeben muß 'Geschenk des Herrn Egon Erwin Kisch' Jarmilinko! Jarmilouše! Jarmiláče! Dein Egon". – Zweifache quergeknickt, gering angestaubt. Umschlag mit gedrucktem Namen Kischs, gerissen.

Lot 3025, Auction  118, Kisch, Egon Erwin, Eigenhändiger Brief. Berlin, 29. November 1925

Kisch, Egon Erwin
Eigenhändiger Brief. Berlin, 29. November 1925
Los 3025

Zuschlag
420€ (US$ 452)

Details

"Das Buch wird keinen sehr großen Erfolg haben, weil es sehr tschechisch, jüdisch und pragerisch ist."
Kisch, Egon Erwin. Eigenhändiger Brief an Jarmila Haasová in tschechischer Sprache mit Unterschrift "Egonek". 2 S. 27 x 19,5 cm. Mit eigenhändig adressiertem Kuvert. Berlin, 29. November 1925.
Haupt, Kisch, S. 51ff. – Ausführlicher Bericht über das ereignisreiche Leben Kischs in der Berliner Kunst-, Kultur- und Musikszene sowie die zahlreichen beruflichen Verpflichtungen, über Journalistenkollegen und den marxistischen Kulturpolitiker Anatoli Wassiljewitsch Lunatscharski (1875-1933):
"Diese Woche war vollkommen Lunatscharski gewidmet, ich war auf seinem Presseempfang in der Botschaft und zu seinem Vortrag in der Philharmonie (ich habe auf demselben Platz gesessen, wie in dem Mahler-Konzert neben Dir) und in seinem Stück, das mir gefallen hat, weil es von Lunatscharski war. Überhaupt stehe ich mich mit den Russen sehr gut und fahre vielleicht noch in diesem Monat nach Moskau, ich freue mich darauf so sehr, daß ich Angst habe, daß daraus nichts wird."

Weiter über sein Schreiben für die Berliner Montagspost' einem eher mittig-bürgerlich angesiedelten Blatt und über Arbeiten an seinem Buch Hetzjagd durch die Zeit: "Ich lebe von diesen schrecklichen Dummheiten in der Montagspost, lauter alte Feuilletons, - so schlecht ist es mir in Berlin noch nie gegangen und deshalb sehne ich mich so sehr nach der Fremde. Mein Buch heißt Hetzjagd durch die Zeit'... wenn Du großen Wert darauf legst, lasse ich Dir aus Berlin noch ein Exemplar zukommen. Das Buch wird keinen sehr großen Erfolg haben, weil es sehr tschechisch, jüdisch und pragerisch ist, - wer soll in Deutschland schon verstehen, was Tonka Šibenice in ihrem Jargon spricht oder dieses Schwadronieren 'im Nebel'."

Über Berliner Blätter: "Die Literarische Welt wird mit jeder Nummer schlechter ... Ungar hat 8 lange Spalten über die Handschriften von Thomas Mann geschreiben, Byzantinismus! Weiss lobt Hindenburg! Jeder schimpft." Kisch schließt mit einem Nachsatz "50 Mal danke ich Dir für die Zigaretten, ich habe sie geraucht, als ich diesen Brief geschrieben habe. Sonst rauche ich oft unsere Pfeife! Und reinige den Kamm mit Deiner Bürste!". – Horizontal geknickt, Umschlag aufgerissen.

Lot 3026, Auction  118, Kisch, Egon Erwin, Eigenhändiger Brief. Berlin, 17. Dezember 1925

Kisch, Egon Erwin
Eigenhändiger Brief. Berlin, 17. Dezember 1925
Los 3026

Zuschlag
190€ (US$ 204)

Details

"Ich küsse Dich, altes Biest, wünsche Dir frohe Weihnachten."
Kisch, Egon Erwin. Eigenhändiger Brief an Jarmila Haasová in tschechischer Sprache mit Unterschrift "Egonek". 1 S. 27 x 19,5 cm. Mit eigenhändig adressiertem Kuvert, beides mit gedrucktem Namenszug. Berlin, 17. Dezember 1925.
Haupt, Kisch, S. 54f. – Kurzer Briefgruß an seine "Liebe Jarmiláče, ich wollte am Dienstag abreisen, aber da ich höre, daß Du am Freitag kommst, verlege ich meine Reise auf Montag, damit ich Dich Affe noch sehen kann ... Hast Du mein Buch mit der Widmung erhalten? Ich küsse Dich, altes Biest, wünsche Dir frohe Weihnachten, gute Reise nach Berlin und viel, viel Glück im neuen Jahr. Dein alter Egonek. In Eile!" – Geknickt, in flüchtigem Duktus ohne Tintentrockner, daher wenige Tintenfleckchen, sehr virtuos beschriebener Umschlag.

Kisch, Egon Erwin und Haasová, Jarmila
Hetzjagd durch die Zeit
Los 3027

Zuschlag
550€ (US$ 591)

Details

"Jarmila, Jarmilka, Jarmilinka, Jarmilininka, Jarmilinin...ka - Haasová"
Kisch, Egon Erwin. Hetzjagd durch die Zeit. 1.-10. Tausend. VI S., 1 Bl., 359 S., 2 Bl. 20,2 x 13,4 cm. Schwarzes Halbleinen mit weißgeprägtem RTitel (teils stärker abgerieben) und farbig illustrierten Deckeln sowie schwarzem Kopfschnitt (etwas beschabt und berieben, leicht abgegriffen, bestoßen). Berlin, Erich Reiss, 1926.
Melzwig 348.1. – Erste Ausgabe des auf den Rasenden Reporter folgenden Reportageromans mit ebenso temporeichem Titel und weiteren 36 Reportagen, darunter Schollenjagd und Haifischfang, Eilige Balkanfahrt, Die Hetzjagd, Im Wigwam Old Shatterhands, Verbrechen in den Hochalpen, Es spukt im Mozarthaus, Mysterien des hydrographischen Instituts, Die Himmelfahrt der Tonka Sibenice, Besuch beim Prager Schinken, Zürcher Zuchthaus, Die Giftschänke der Deutschen Bücherei, Böhmisches Dorf in Berlin.

Auch Kischs Hetztjagd durch die Zeit wurde vom Erich Reiss Verlag publiziert und zwar ebenfalls gleich in einer immensen Auflage von 10.000 Exemplare, was den Autor zu einem Bestseller des Verlags machte.

Erich Caesar Reiß (1887-1951) hatte seinen Verlag 1908 in Berlin gegründet und ihn zu einem der bedeutendsten Literaturverlage gemacht, bis er während der Novemberprogrome 1938 im KZ Sachsenhausen interniert wurde, wo er aber auf Eingaben seiner Autorinnen Karin Michaëlis und von Selma Lagerlöf nach mehreren Wochen freikam und dann über Schweden in die USA emigrieren konnte. Neben Kisch gehörten Gabriele d'Annunzio, Julius Bab, Hugo Ball, Johannes R. Becher, Gottfried Benn, Kasimir Edschmid, Herbert Eulenberg, André Gide, Maximilian Harden, Richard Huelsenbeck, Klabund, Maurice Maeterlinck, Erich Toller, zu den Autoren des Verlags, der bis 1936 existieren konnte. Seine wichtigste Zeitschriftenpublikation war Die Schaubühne. – Mit Gebrauchsspuren, etwas etwas abgegriffen und mit leichten Fingerfleckchen, Tintenfleckchen im Schnitt sowie mehreren An- und Unterstreichungen und kleinen Einträgen, teils in Bleistift, teils in Tinte der Jarmila Haasová (1896-1990), die den Band gleich zweimal (auf dem Vorsatz und Titel) als ihr Eigentum kennzeichnete. Auf dem Titel ein hübscher Widmungseintrag des Autors, in dem er alle fünf Kosenamen für seine geliebte Freundin Jarmila zusammenfasst: "Jarmila, Jarmilka, Jarmilinka, Jarmilininka, Jarmilinin...ka - Haasová. Herzlichst: Egon Erwin Kisch. Berlin, 7./12.1925". Die drei Punkte sind im letzen Kosenamen in Kischs Widmung mit dem Unendlichkeitszeichen geschrieben. – Beiliegt eine Einladungskarte : "Der Tschechoslowakische Gesandte und Frau Tusar geben sich die Ehre Hochwohlgeboren Herrn Redakteur Willi Haas und Frau für Mittwoch, den 31. Januar um 5 Uhr zum Thee ergebenst einzuladen".

Lot 3028, Auction  118, Kisch, Egon Erwin, 5 eigenhändige Postkarten des Jahres 1925

Kisch, Egon Erwin
5 eigenhändige Postkarten des Jahres 1925
Los 3028

Zuschlag
480€ (US$ 516)

Details

Aus Moskau, St. Petersburg, aus Armenien und Aserbaidschan

Kisch, Egon Erwin. 5 eigenhändige Postkarten des Jahres 1926 an Jarmila Haasová in tschechischer Sprache, mit Unterschrift "Egonek". Jeweils 9 x 14 cm. Jerewan, Moskau, Baku, Leningrad 1926.
Postkarten der Asienreise des Egon Erwin Kisch an seine Übersetzerin Jarmila Haasová. 1925-1926 bereiste er vor allem Asien, wovon die folgenden Karten zeugen. Sie helfen vor allem auch als wertvolles Forschungsmaterial, die Reisen Kischs Tag für Tag, Datum für Datum nachzuvollziehen.

1) Moskau, 10. Februar 1926. Sehr eng, mit violetter Tinte beschriebene Bildpostkarte mit einer Ansichte des Obelisken-Siegesdenkmals. Kisch berichtet von seiner Besichtigung des Kreml in Moskau und erwähnt Bornstein "Všechno jest nádherné a Bornstein je starý blbec", etwa: "hier ist alles sehr schön, nur Bornstein ist ein alter Idiot" (Tinte teils verwischt).

2) Jerewan 5. Februar 1926. Von Moskau war Kisch mit der Bahn weiter nach in die armenische Hauptstadt Jerewan (Eriwan) gereist, die unter den Sowjets zu Jerewan, zur Verwaltunghauptstadt der Armenischen SSR geworden war. Kisch berichtet auf einer Fotopostkarte mit den "Reliquien des Heil. Grigorij". Doch reist er gleich weiter, zunächst wieder über Moskau: "Za pár mimd odjezd z Armenii" - "Ich werde in ein paar Tagen aus Armenien abreisen".

3) Moskau, 10. Februar 1926. Offenbar hatte er durch die Vermittlung Jarmilas einen größeren Vorschuss auf eine Veröffentlichung bekommen, deren Termin er nicht halten konnte. Er schreibt: "Liebe Jarmiliče, Ich danke Dir aufrichtig für Deinen (Empfehlungs-)Brief, aber Berlin gibt mir nicht alles zurück, ich kann nichts dafür (ich fürchte, ich muss die 3000 Mark zurückgeben! Ich schreibe jetzt schon den ganzen Tag ..." Auf einer Fotopostkarte mit dem Lenin-Mausoleum.

4) Baku, 24. Februar 1926. "Milá Jarmilinko ..." - "Liebste Jarmila, ich bin hier gerade in der Republik Aserbeidschan und ich denke an Dich. Sie haben die größten Ölfelder auf der einen Seite - die größten Minen Europas ... Im Donezbecken war ich auch und an vielen anderen Orten". Auf seltener Fotopostkarte mit Ansicht der Bohrtürme von Baku.

5) Leningrad, 6. Mai 1926. Ein Gruß aus St. Petersburg, der Stadt an der Newa: "Ich wohne an der Newa gegenüber den drei Mauern der St. Peter und Paul Festung, die Sonne geht unter und ich küsse dich!". Auf einer Fotopostkarte mit Ansicht von Smolny, von dem er auch berichtet. – Leichte Gebrauchsspuren. Alle Karten mit Briefmarken und Stempeln, postalisch gelaufen.

Lot 3029, Auction  118, Kisch, Egon Erwin, 5 eigenhändige Postkarten von Reisen Afrika, Italien

Kisch, Egon Erwin
5 eigenhändige Postkarten von Reisen Afrika, Italien
Los 3029

Zuschlag
500€ (US$ 538)

Details

Aus Frankreich, Afrika und Italien, mit Zeichnung. - "Hier war alles billiger und ich hatte mehr Ruhe zum Arbeiten".
Kisch, Egon Erwin. 6 eigenhändige Postkarten des Jahres 1926 an Jarmila Haasová in tschechischer Sprache, mit Unterschrift "Egonek". Jeweils 9 x 14 cm. Marseille, Algier, Biskra, Tunis, Cagliari, Rom 1926-1927
Das Jahr 1927 war wiederum von zahlreichen Reisen geprägte, nach Asien wandte sich Kisch zunächst im Dezember 1926 nach Südfrankreich, von wo er nach Algerien und Tunesien übersetzte und dann quer über das Mittelmeer Sardinien erreichte, von wo er über Rom wieder nach Berlin reiste.

1) Marseille, Frankreich, 31. Dezember 1926. Begeisterte Karte aus der südfranzösischen Hafenstadt: "Ich bin sicher, dass ganz Marseille Dich lieben würde. Mein liebes Äffchen, auch ich mag dich immer noch, obwohl ich nicht glaube, dass Bornstein von Forbath. Erwähnt seine Kollegen Joseph Bornstein (1899-1952) und Imre Forbath (1898-1967). Das Foto zeigt "Maresille - Bassin de carénage et pont transbordeur".

2) Algier, Algerien, 7. Januar 1927. Die hübsche Fotokarte zeigt "Algier - Dans la Vieille Ville. La Rue Porte-Neuve". "Mein liebes Äffchen, ich bin in Algier, es ist ein herrlicher Frühling, aber ich weiß nicht, was ich darüber schreiben soll ...".

3) Biskra, Algerien, 27. Januar 1927. Ebenfalls auf einer Fotopostkarte mit einer Straßenszene "Biskra - Rue des Ouleds-Nails". "Ich wälze mich im der Saharasand, in den ich versunken bin ( die , die 'Nonne' auf dem Bild ist eine arabische Yoshiwara (jap. für Prostituierte). Ich bin hier mit einem Tschechen aus Lomnice zusammen, der mich zu einem "Aschenputtel-Essen" eingeladen hat".

4) Tunis, Tunesien, 12. Februar 1927. "Vop., je na čase abych Ti zase nějaký listek postal ..." - "Äffchen, es ist mal wieder an der Zeit, Dir eine Nachricht zu senden, bevor ich Afrika verlasse und nach Sardinien und dann nach Rom reise [in Deutsch:] (so lange der Vorrat reicht!). Ich will nicht so sehr nach Berlin, - hier war alles billiger und ich hatte mehr Ruhe zum Arbeiten. Aber es muss gehen, Max H. wartet. Wie geht es Dir? Und wann werden wir uns wiedersehen? Wirst Du im Winter in Berlin sein? Grüße an Forbath und Schornstein". Gemeint ist der Kommunist Max Hoelz (1889-1933), dann die Jounalistenkollegen Imre Forbáth (gest. 1967) und Joseph Bornstein (1899-1952), für die Kisch Texte schrieb. Auf einer Fotopostkarte mit einem "Jeune arabe".

5) Cagliari, Sardinien, 15. Februar 1927. Mit Ansicht der "Bastione S. Remy". "Liebe Jarmila, dein freundliches Telegramm hat mich sehr berührt - ich habe es im Moment meiner Abreise erhalten. Ich bin noch nicht ganz wiederr in Europa, aber in einer Woche werde ich in Berlin sein, und Max H. muss nicht mehr ungeduldig (netrpĕlivý) sein. Herzlichen Glückwunsch an Dr. Forbath, ich wünsche ihm, dass er bald der Chef der Kriminalmedizin in unserem Lande wird."

Kisch arbeitete an der Herausgabe der Briefe aus dem Zuchthaus von Max Hoelz, die 1927 im Erich Reiss Verlag in Berlin erscheinen sollten. Der revolutionäre Arbeiterführer hatte 1920 "im Vogtland den bewaffneten Kampf gegen den Kappp-Putsch [organisiert], im mitteldeutschen Aufstand 1921 war er ein prominenter Führer der bewaffneten Arbeitergruppen. Von einem Sondergericht ist er 1921 auf Grundlage einer fingierten Mordanklage zu einer lebenslänglichen Zuchthaussrafe verurteilt worden. Kisch setzte sich mit andren Persönlichkeiten energisch für seinen Freilassung ein ... Im Frühjahr 1928 erschien im Mopr Verlag, Berlin, von Kisch die Broschüre Sieben Jahre Justizskandal Max Hoelz. Im Rahmen einer allgemeinen Amnestie wurde Hoelz 1928 freigelassen; Kisch holte ihm am 18. Juli aus dem Gefängnis Sonnenburg ab. Hoelz ging später in die Sowjetunion und kam dort unter myssteriösen Umständen ums Leben" (Haupt S. 277).

6) Rom, Italien, 19. Februar 1927. Ein Gruß aus Rom auf einer Bildpostkarte mit Ansicht aus der Engelsburg, zunächst mit grüner Tinte, da der Füller aber versagte, dann aber weiter in Sepiatinte: "Vorgestern habe ich mit Dir in Sardinien gespeist, die Musik Deines Telegramms klingt mir immer noch süß ... Liebe Dich Affe, Egonek". Darunter noch ein amüsanter Zusatz: "Verdammter Stift, ich male lieber mit ihm!". Dann folgt ein kleine witzige Federzeichnung Kisch mit Hut und großer Tasche mit seinen Manuskripten, der auf das Schild "Berlin" zuzetzt und daneben "Vž to trochn piše" (etwa "Schreib es auf."). – Leichte Gebrauchsspuren, stellenweise fleckig. Alle Karten mit Briefmarken und Stempeln, postalisch gelaufen.

Lot 3030, Auction  118, Kisch, Egon Erwin, 1 eigenhändige Postkarte an Joseph Bornstein

Kisch, Egon Erwin
1 eigenhändige Postkarte an Joseph Bornstein
Los 3030

Zuschlag
500€ (US$ 538)

Details

"Die Kamele fliegen darauf und würden das Blatt hier sicher einführen - Lass Dir's gut gehn, alter Lümmel"
Kisch, Egon Erwin. Eigenhändige Postkarte an den Journalisten Joseph Bornstein in deutscher Sprache, mit voller Unterschrift "Egon Erwin Kisch". 9 x 14 cm. Temassin, Algerien 1. Februar 1927.
Auf einer Bildpostkarte aus dem Wadi Temassin (Témacine) in Südalgerien mit einer Ansicht "Sur la place du village de Témacine", in deutscher Sprache an den Kollegen, den Schriftsteller und zeit- wie gesellschaftskritischen Journalisten Joseph Bornstein (1899-1952), der für Das Tage-Buch arbeitete und ab 1927 die Herausgabe der von Carl von Ossietzky gegründeten Weltbühne gemeinsam mit Leopold Schwarzschild übernommen hatte. Kisch veröffentlichte bei Bornstein, mit dem ihn eine lebenslange Hassliebe verband. Immer wieder ärgert er sich über Bornstein und nennt ihn einen "Bldlo" oder "blbec", einen "lieben Idioten" oder "Trottel". Wenn er ihn selber adressiert, schreibt er nur "Lieber Schornstein".

"Lieber Schornstein, seit Wochen keine Zeitung, kein Brief, kein deutsches Worte, sitze ich in der Sahara auf dem Trockenen und möchte gerne noch lange so sitzen. Ich hoffe, dass viele Artikel Josef Bornstein im T.-B. [das Tagblatt, deutsche Zeitung in Prag] erscheinen, die Kamele fliegen darauf und würden das Blatt hier sicher einführen. Montag fahre ich nach Tunis, wo ich bis zum letzten Pfennig meines Reisegeldes bleiben will, vorausgesetzt, daß die mich dort erwartenden Nachrichten keine Eile bedingen. Hoffentlich geht's der Jarmila gut, Dir auch, grüße Grohmann und Schwarzschild und Katz, und lass Dir's gut gehn, alter Lümmel. Egon Erwin Kisch". – Mit zwei Briefmarken und Stempeln, postalisch gelaufen.

[*]: Regelbesteuert gemäß Auktionsbedingungen. [^]: Ausgleich von Einfuhr-Umsatzsteuer.

* Alle Angaben inkl. 24% Regelaufgeld ohne MwSt. und ohne Gewähr – Irrtum vorbehalten.


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